[Gazzetta Dello BOM] Das Verhandlungs-Einmaleins

    Ereignisse

    Termine Datum

    Der Monat

    April 2024
    MoDiMiDoFrSaSo
    01 02 03 04 05 06 07
    08 09 10 11 12 13 14
    15 16 17 18 19 20 21
    22 23 24 25 26 27 28
    29 30
    • [Gazzetta Dello BOM] Das Verhandlungs-Einmaleins

      Tutorials



      Das Verhandlungs-Einmaleins



      Vorwort.
      Wer Ratschläge gibt, sollte sich manchmal in Demut üben. Was einerseits ein wenig widersprüchlich klingt, können andere sicherlich bestätigen, sind es doch oft die 'Neunmalklugen' und 'Schlauberger', die es besser wissen und einem ihr Wissen eintrichtern wollen. Am besten noch in Anwesenheit Dritter: getreu dem Motto „Welt schau an, wie schlau ich bin". Auf der anderen Seite ist ein guter Ratschlag wohl eines der besten Dinge, die man anderen erteilen, oder die man selbst erfahren kann. Und selbst wenn der Ratschlag als solches keine neuen Erfahrungen bietet, aber daraus am Ende eine erquickende Diskussion entsteht, haben doch alle gewonnen. Und dies würde ich mit diesem Artikel, der für mich auch in gewisser Art ein Seelenstriptease darstellt, gerne erreichen. Vielleicht finden manche Manager einen Ratschlag gut und hilfreich, vielleicht sehen es andere gänzlich anders oder wiederum haben weitere unter Euch noch weitere Tipps & Tricks, was die täglichen Verhandlungen angeht.

      Was mich betrifft, der sich anmaßt Ratschläge zu erteilen: ich bin seit fast 18 Jahren aktiver Manager und seit 15 Jahren im Vertrieb tätig und lebe und liebe das Thema.

      Ich freue mich über jeden Leser, jeden Kommentar aber am meisten über jede Diskussion. Viel Spaß!


      Der Beginn einer fruchtbaren Verhandlung

      Stellt Euch vor, ihr wollt eine Frau kennenlernen. In Zeiten vor Tinder lief das für viele meistens wie folgt ab: duschen, nett anziehen und hoffen, dass einem etwas interessantes über den Weg läuft. Und dann? Brust raus, Selbstbewusstsein zeigen, Blickkontakt und höflich sein. In Ermangelung einer gewissen Frauenquote behaupte ich mal, dass vor allem der letzte Punkt in den ersten sechzig Sekunden einer Begegnung zwischen Mann und Frau am wichtigsten ist: sei freundlich. Vielleicht klappt es in Frankfurt am Main, dass man mal mit "Habibi, hast du geile Titten" Erfolg hat, in der Regel wird das Buch aber hier zugeklappt. Und so verhält es sich auch mit der ersten Kontaktaufnahme unter Managern: sei freundlich. Beginne doch einfach, wie in einem normalen Gespräch, erst einmal mit einer Begrüßung. Bestenfalls, wenn man sich kennt, frag doch mal wie es dem Gegenüber geht. Beglückwünsche ihn zum letzten Transfer, oder dem jüngsten Pokal. Schaffe selbst im Raum der privaten Nachrichten eine nette Atmosphäre. Wichtig: tu das nicht, wenn dir die Antworten egal sind. Man muss nichts erzwingen und noch weniger Interesse heucheln, es schadet aber nicht, ehrliches Interesse am Manager zu haben, mit dem man eine eventuell längere und vor allem wichtige Verhandlung beginnen möchte.

      Ein gutes Angebot

      Nichts lässt sich schwieriger auslegen, als das Wort "Gut" im Bezug auf ein Angebot, welches beiden Seiten gefallen muss. Ist "Gut" für den einen automatisch "Schlecht" für den anderen? Mitnichten. Zumindest sollte es das nicht. Kann es in zwei Monaten bereits "Gut" und "Schlecht" sein? Natürlich. Ich denke diesen Fall kennen wir alle sehr genau, aber dafür kann in dem Moment der Verhandlung keiner etwas für. Und hier beginnt die Hausaufgabe, die der Bieter bestenfalls vor Angebotssendung erledigen muss: unterbreite ein gutes Angebot. Versetze dich dafür vor allem in die Lage des Angebotsempfängers und frage dich: „würde ich das so annehmen?". Das ist sicherlich eine Frage, der man nicht allzu streng folgen sollte, schließlich sind Geschmäcker verschieden. Wenn du aber hier schon etliche Gründe siehst, warum du das nicht machen würdest, dann ist dein Angebot wohl eher etwas für den "Papierkorb", als den "Gesendet-Korb". Die Möglichkeit den Gegenüber sofort zu verstimmen ist sicherlich gegeben - und wir wollen schließlich unseren Wunschspieler.

      Im Zuge der Angebotsvorbereitung gehört es auch, dass man sich - jetzt wo das Grundgerüst steht - auf Fragen oder Kritik vorbereitet und dem Verhandlungspartner (VP) mithilfe von Argumenten ein Bedürfnis schafft. Warum sehe ich meinen Spieler als wertvoll an? Warum helfen dir weitere 20 Millionen von mir? Und warum solltest du jetzt deinen besten Stürmer an mich abgeben, obwohl du gar keinen Ersatz hast? Wie gesagt: nichts ist unmöglich, aber natürlich verlangen große Spieler große Ablösen und viel Arbeit und Kreativität. So empfinden mehrere Manager, die ich in Vorbereitung auf dieses Tutorial gefragt habe, zwei Sachen primär wichtig: Proaktivität und Prägnanz.


      Die ersten gemeinsamen Schritte

      Wir kommen zurück zu unserer Dame der Begierde. Wir duften gut, sehen adrett aus und auch die ersten zwei höflichen Sätze mit der Dame sind ausgetauscht. Zumindest hat sie nicht gesagt, sie müsse jetzt kurz zurück zu ihrer Freundin - wir sind also im Spiel. Übertragen auf die Verhandlung haben wir einander 'Hallo' gesagt, unser Interesse am Spieler bekundet und ein Angebot abgegeben, welches bestenfalls mit ein paar Argumenten versehen wurde. Nun heißt es geduldig sein und hoffen, dass wir zumindest soviel dafür getan haben, das auch vom VP kein stumpfes "Nein" kommt. Natürlich lässt sich das nicht ausschließen, aber auch dann: bleibt am Ball.

      Andererseits würde das Tutorial hier enden, wenn der VP das Angebot annimmt. Herzlichen Glückwunsch! Da dies aber nicht immer der Fall ist, geht nun auf die Bedürfnisse des VP ein. Wo gefällt ihm das Angebot nicht? Warum gefällt es ihm nicht? Kann man darüber sprechen und Alternativen anbieten? Genau hier sollte Proaktivität und Prägnanz groß geschrieben werden. Dein VP möchte als Ersatz keinen Stürmer, sondern lieber einen Mittelfeldspieler? Akzeptiere es und biete konkret einen an. Das Geld als Ablöse reicht nicht aus? „Okay, ich kann dir 10 Millionen mehr geben, ist das in Ordnung?". Führe dir immer wieder vor Augen: du möchtest hier einen Spieler haben. Soll das an zehn Millionen scheitern, oder ist das gerade der Preis dafür? Natürlich muss dies immer in der Waage zum ursprünglichen Angebot stehen, aber man kann nie erwarten, dass der VP das erste Angebot sofort annimmt. Meist (nicht immer) zieht dann einer den Kürzeren.

      Etwas, was man einem nur schlecht beibringen kann, ist in diesem Moment Fingerspitzengefühl. Vor allem, ab wann es einfach keinen Sinn mehr macht, Angebote nachzubessern und dem VP zu fragen, was er sich den vorstellen könnte. Kommt da von der anderen Seite zu wenig: lasst es sein, spart eure Mühen & Kräfte. Bedankt euch trotzdem für die Verhandlungen und zieht weiter. Mit ein wenig Abstand ist es auch nicht verboten dem VP mal ein gut gemeintes Feedback zu geben. Schließlich kommt auch er so nicht weiter und beraubt sich bestimmt selbst vieler konstruktiver Verhandlungen. Weiß er das eigentlich? Auch hier gilt unser obersten Gebot: bleibt höflich.



      Kleine Tipps & Tricks

      Die Idee dieser Ausgabe kam mir, einfach weil immer wieder kritisiert wurde, was für mich (und viele andere) eigentliche Selbstverständlichkeiten sind, teilweise von anderen Manager aber mit Füßen getreten wird: gemeinsam Spaß haben, ehrlich, konkret und verbindlich sein. Das man genannte Eigenschaften nur schwer erlernen kann, sondern einfach nur beachten muss, im folgenden doch ein paar "Tipps & Tricks", die man in passenden Situationen anwenden könnte.

      Die Geschichte von den Stärkepunkten

      Der BoM-Manager ist zu großen Teil ein Spiel, welches man primär mit dem Bauch und Herz spielt, sekundär mit dem Kopf. Alles davon hat der gute Websoccer aber nicht. Der gute Websoccer, der für all die schönen Ergebnisse zuständig ist, die sich am Ende aus einem Zahlenwirrwarr ergeben. Genau, auch auf die Gefahr hin, dass manche es nicht mehr lesen können: jeder Spieler steht für eine Zahl. Von 0 bis 99. Und am Ende ist es so, dass einem Team zwei 90er mehr helfen, als ein 95 und ein 75er. Das sollte man eventuell etwas besser darstellen, aber am Ende ist genau dies das Geheimnis des Erfolges. Mit dem Erfolg kommt das Geld, mit dem Geld der Transfer.

      Visualisieren

      Typisch in einem "2 zu 1 Deal", den ihr gewinnen wollt: visualisiert doch mal dem VP, wie sein Team mit euren beiden Neuzugängen aussehen könnte. Wieviel Breite er hat, wie viel flexibler er wäre. Endlich hat der Monk einen richtigen LV. Kein klassischer 6er mehr, der bei ihm auf dem linken Flügel stolpern muss. Endlich ein geiler 2er Sturm? Guck mal, sieht das nicht geil aus? Nutzt es, macht es schmackhaft. Manchmal hilft es.

      Ehrlich währt am längsten

      Euer Spieler hat chronische Sprunggelenksprobleme? Er hatte schon 2 Kreuzbandrisse oder es gibt konkrete Gerüchte über den Wechsel in die Wüste? Natürlich sollt ihr das nicht rausposaunen und proaktiv dem VP mitgeben, aber sollte die Frage aufkommen: ehrlich sein. Auch kein "Weiß ich nicht" oder "Nie gehört" - das gehört sich nicht. Wenn der andere sowieso schon fragt, ist die Wahrheit ein Klick weiter und am Ende ist das einfach nicht das, was wir auch selber wollen. Natürlich kann man wirklich mal die ein oder andere Tatsache nicht wissen, oder das ein oder andere Gerücht nicht kennen, aber was man weiß, sollte man (auf Nachfrage) auch ehrlich wiedergeben.

      Niemanden schlecht reden

      Selbstredend. VP, die meinen Interesse an meinem Spieler zu haben, diesen aber im gleichen Zuge schlechtreden wollen, bitte ich um Verzeihung, aber es bestehe dann kein Interesse an einer Verhandlung. Unter Wert muss ich niemanden verkaufen. Das ganze ist natürlich eine Sache der Präsentation: Donny van de Beek wird wohl in dieser Dimension kein Leitwolf eines europäischen Top-Teams mehr, trotzdem bleibt er ein sehr talentierter Kicker, der seinen Wert hat und wird mich nicht aufgrund seines "Versagens der letzten 3 Jahre" für ein Appel und Ei verlassen. Ich akzeptiere aber durchaus, dass diese Annahme seinen Wert schmälert.

      Den Manager suchen, nicht den Spieler

      Es gibt Manager, da geht es "einfacher" und es gibt Manager, da geht es "nie". Sucht euch erstere. Es bleibt bei allen oben genannten Regeln, aber wenn ihr schon zwanzig mal in Pamplona wart und euer Angebot einsilbig abgelehnt wurde: don't try it again. Sucht euch auch Manager, je nach Eurem Bedarf. Guckt, wer Geld hat (hat der Manager zuletzt 80 Millionen in Auktionen geboten, aber diese nicht gewonnen: der muss flüssig sein), verfügt der Manager mit seinem Team über eine ungeheure Breite: er kann eventuell eher auf einen Spieler verzichten, als der Manager, der gerade mal elf Mann zusammen bekommt.

      Spaß haben

      Ebenfalls einige Manager hoben als wichtigste Eigenschaft einer Verhandlung hervor, dass diese Spaß bereiten sollte. Spaß ist natürlich ein starkes Wort, daher nehmen wir im folgenden eher den Unterhaltungswert. Dieser steht und fällt natürlich mit dem Verlauf, an dem beide Parteien beteiligt sind, fängt aber auch mit unserem zweiten Punkt an: einem soliden Basisangebot und der Eigenschaft proaktiv und prägnant zu sein. Erst wenn man sich fair und ehrlich die Bälle zuwirft, entsteht eine Verhandlung, die am Ende doch Spaß macht und einen gut unterhalten hat. Bestenfalls mit einem Abschluss. Die bekannte Analogie zur Frau spare ich mir hier mal.

      Konsequent sein, nicht verarschen lassen

      Deadlines sind aus meiner Sicht keine probaten Mittel und gehören in keine Verhandlung auf Augenhöhe. Sehr wohl aber eine gemeinsame Absprache, was eine Entscheidung betrifft. Auch wenn es juckt und der Deal so nahe scheint: lasst euch nicht Wochenlang hinhalten und dem anderen wohlmöglich seine Chancen auf anderen Seiten vergrößern. Am Ende landen wir wieder bei den Frauen: hinterherlaufen ist unsexy.

      Es gibt sicherlich noch viele weitere Tipps: behandelt jeden (vor allem die neuen) Manager gleich, reagiert selbst auf Angebote genau, wie ihr es als Bieter selbst wünscht, lernt Rückschläge wegstecken zu können und so weiter und so fort. Vielleicht finden sich ja auch welche in den Kommentaren und der Kritik. Vielen Dank für Eure Zeit.


        [Kommentare & Kritik: Hier lang]
      20.08.2023
      Willem Tilburg & RC Lens
      Verbruggen
      Teze - Schuurs - de Vrij - Aké
      Malen - Geertruida - Bergwijn - Dumfries
      Lang - Gakpo

      Vaessen, Malacia, van Hecke, Stengs, Wijnaldum, Boadu, Summerville

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Molle ()

    • Benutzer online 1

      1 Besucher